Veredlung von Obstgehölzen | ||||||||||||||||||||||||||||||||
Veredlung von Obstgehölzen Die Geschichte der Veredlung ist lang und reicht bis in die vorchristliche Zeit. Schon Theophrast (371- 286 v.Chr.) verfasste ein naturwisssenschaftliches Werk mit dem Titel „Über die Ursache des Pflanzenwuchses“, in dem zum ersten Mal das okulieren und pfropfen ausführlich beschrieben wurde. Bekannter, weil öfter zitiert, ist das Gleichnis über die „Veredlung der Guten auf die wilden Oliven” im Paulus Brief an die Römer. Ab dem 8. Jahrhundert förderte Karl der Große das Baumschulwesen in Deutschland entscheidend, so dass die Methoden immer mehr verbessert wurden. Veredeln – warum eigentlich? Bei der vegetativen (ungeschlechtlichen) Vermehrung verwendet man im Gegensatz zur generativen (geschlechtlichen) Vermehrung Pflanzenteile, die bewurzelt werden oder aber auf eine Unterlage veredelt werden. Die Gründe hierfür sind vielfältig:
Einmaliges zu erhalten und zu vermehren“ sehr treffend. Die meisten Obstgehölze für den Erwerbsanbau als auch für den Garten werden in der Baumschule veredelt. Hierbei werden günstige Eigenschaften der Unterlagen wie z. B. schwächerer Wuchs, früherer Ertragsbeginn oder bessere Gesundheit auf die Edelsorte übertragen. Mit Ausnahme der Beerenobstarten, die meist auf eigener Wurzel stehen, wird bei allen Baumobstarten so verfahren. Aber auch hier gibt es wieder eine Ausnahme von der Ausnahme, z. B. veredelte Stachelbeerstämmchen. Die Veredlungsmethoden Veredlungen werden durchgeführt entweder auf den (Veredlungs-) Kopf einer Pflanze oder seitlich an einer Pflanze. Die wichtigsten Veredlungsmethoden sind:
Die Voraussetzungen für einen guten Veredlungserfolg sind:
Welche Veredlungsart wendet man bei welchen Pflanzen an? Hierbei kann man sich ganz gut nach den Größenverhältnis von Edelreis und Auge richten: So wählt man die Kopulation, wenn die Stärke von Unterlage und Edelreis gleich ist. Das ist wichtig zur Erzielung einer möglichst großen Veredlungsfläche. Um das zu gewährleisten, ist der Schnitt etwa 3-4 cm lang (als Richtwert kann man sich die Größenordnung merken: der optimale Schnitt ist etwa vier mal so lang wie der Durchmesser der Unterlage). Zwei Besonderheiten ermöglichen eine breite Anwendung dieser Veredlungsmethode: zum einen kann man Kopulationen auch als „Winterhandveredlung“ durchführen, bei denen die getopften oder wurzelnackten unterlagen „in die Hand“ genommen werden. Dadurch kann die Baumschulwirtschaft einen Teil der Veredlungsarbeiten in die arbeitsärmere Winterzeit verlegen. Eine Verbesserung stellt die Kopulation mit Gegenzunge dar: Man schneidet an Unterlage und Edelreis „zungenartige“ Einschnitte, demzufolge lassen sich die beiden Veredlungspartner gut zusammenschieben und besitzen auch beim verbinden eine höhere Festigkeit. Das fordert erfahrungsgemäß eine gewisse Übung und Fertigkeit, so dass sie meist nur von Baumschulisten ngewendet wird. Das gilt auch für die sog. Geißfußveredlung, eine der schwierigsten und aufgrund des ziehenden Schnittes nicht ungefährliche Veredlungsart. Auch sie sollte nur von Profis angewendet werden! Die Okulation Der „Klassiker“ unter den Veredlungsarten ist die Okulation (der Begriff leitet sich ab vom lat. oculus = das Auge). Hierbei wird ein Auge (Knospe) auf eine Unterlage veredelt. Grundsätzlich gibt es 2 Anwendungsmöglichkeiten:
Traditionell wird auf das schlafende Auge veredelt, weil die zu veredelnden Reiser dann direkt kurz vorher geschnitten werden können. Wichtigstes Kriterium für den richtigen Termin ist die Tatsache, dass die „Rinde löst“, d. h., sich leicht von der darunter liegenden Kambiumschicht abheben lässt. Diese Rindenlösbarkeit ist je nach Unterlage oder Pflanzenart zeitlich begrenzt. So können Rosen meist schon im Juli okuliert werden, die meisten Obstgehölze im August. Gartenfreunde, die ausserhalb dieser Zeiten veredeln wollen, können noch eine andere Okulationsmethode anwenden: die sog. „Chip-Budding-Methode“. Der Begriff "chip-budding" stammt aus dem Englischen und bedeutet wörtlich übersetzt soviel wie "Holzspan-Veredlung" Chip (engl.) = Span, to bud (engl.) = veredeln, okulieren. Vorteil: Diese Methode kann unabhängig vom Lösen der Rinde angewendet werden aufgrund einer anderen Schnitttechnik! Das Pfropfen hinter die Rinde Diese Methode wendet man an, wenn die Unterlage deutlich dicker ist als das Edelreis, am ehesten aber bei der Umveredlung älterer Bäume. Der günstigste Zeitpunkt zum Pfropfen ist Ende April bis Mitte Mai, wenn die Gehölze schon im Saft stehen und die Rinde löst. An Werkzeugen benötigt man ein scharfes Kopuliermesser, eine Säge zum abwerfen der alten Krone, eine Baumschere, Bast zum Verbinden sowie zu guter Letzt einen geeigneten, kalt streichbaren Baumwachs zum Verschließen. Die Edelreiser sollen gut ausgereift, nicht ausgetrocknet und günstigstenfalls im Zeitraum der Winterruhe (Dezember/Januar) geschnitten worden sein. Am Besten lagert man sie in feuchtem Sand oder Torf an einem kühlen, aber frostfreien Ort. Grundlage des Rindenpfropfens ist ein Kopulierschnitt, der etwa 3-4 cm lang sein sollte. Um das verbesserte Rindenpfropfen durchzuführen wird das Reis an der rechten Seite mit einem Zusatzschnitt versehen und mit der angeschnittenen Seite an den noch festen Rindenflügel eingeschoben. Als günstig hat sich erwiesen, wenn etwa 3-4 Augen des Edelreises stehen bleiben, der Rest wird abgeschnitten Überblick der wichtigsten Veredlungsarten
Gut verbunden ist mehr als halb gewonnen! Damit das Auge oder Reis gut anwachsen kann, kommt dem Verbinden eine große Bedeutung zu. Als Materialien stehen flexible Gummibänder oder Bast zur Verfügung, mit denen das Ganze straff und fest verbunden wird. Nur so wird gewährleistet, dass die beiden Pflanzenteile über die Kallusbrücken zu einem verwachsen. Literaturtipp: Das Veredeln der Obstgehölze von Heiner Schmid, Ulmer Verlag Obstgehölze erziehen und schneiden von B. Schulz u. G. Großmann, Ulmer-Verlag |
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